Allgemeines zur Beratung

Vertrauenspersonen, die um Rat angegangen wird, sollten Ruhe bewahren, herausbekommen, was die Betroffenen wünschen (Aussprache, Rat, weiteres Vorgehen). Betroffene, die Rat suchen, brauchen jemanden, der ihre Not ernst nimmt und ihnen glaubt.

Betroffene brauchen sehr viel Mut, um von Missbrauch und Gewalt zu berichten, und haben meist mehrere Anläufe vorgenommen, bis sie sich aussprechen.

Information ist oft befreiend. Meist wird Aufklärung über die psychischen und physischen Folgen von Missbrauch und Gewalt begrüßt. „Also bin ich doch nicht verrückt“. Auch Informationen über die rechtliche Seite sind manchmal nützlich. Wenn man nicht sicher ist, wie vorzugehen ist, ist ein Vernetzungs- und internes Vorgespräch mit einer psychosozialen Beratungsstelle / Jugendamt / evtl. Polizei (anonymisiert) angeraten.

Die häusliche Dynamik ist nicht zu unterschätzen; Betroffene fürchten oft, die Familie zu zerstören.

Betroffene leiden oft unter psychosomatische Folgen, z.B. Konzentrationsfähigkeit, Aggressionen, Depressionen, soziale Isolation, Nähe- und Distanzproblemen, allgemeine soziale Kompetenz usw. Dies kann die Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz erheblich einschränken. In solchen Fällen ist Therapie dringend angeraten.

Die Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen in den Schulen kann erheblich beeinträchtigt sein. Betroffene leiden oft unter psychosomatische Folgen, z.B. Konzentrationsfähigkeit, Aggressionen, Depressionen, sozialer Isolation, Nähe- und Distanzproblemen, sozialen Inkompetenzen usw. Traumatisierte Jugendliche zeigen häufig ein aggressives oder apathisches, depressives Verhalten. Sie sind Grenzüberschreitungen gewohnt und überschreiten auch selbst Grenzen. Sie brauchen dringend Struktur, Regeln und gute Grenzen. Konsequentes Verhalten der Beraterin ist oft ein Halt. Aber: Misshandelte Kinder, die andauernde, von ihnen nicht kontrollierbare Inkongruenz erleben, reagieren schließlich schon auf relativ geringe Belastungen mit einer überschießenden Stressreaktion, die viel länger als normal anhält. Die Überempfindlichkeit gegenüber Stress bleibt lebenslang bestehen.

Die BeraterIn soll sich bei allem Horror daran erinnern: die Person gegenüber ist so stark und widerstandsfähig, dass sie ihre Erlebnisse anderen Menschen mitteilen möchte. Sie hat die Kraft gefunden sich zu wehren.

Die BeraterIn sollte wissen: Die erzählten Geschichten erzeugen beim Zuhören oft starke Gefühle wie Mitleid, Mitgefühl, Angst, Erschrecken, Ekel, Scham, Wut, Zorn, Hass, Hoffnungslosigkeit, Erschöpfung usw. Sie spiegeln die Gefühle der erzählenden Person. Diese kann ihre Erlebnisse nur äußern, wenn sie den/die BeraterIn nicht schützen muss. Es hilft, daran zu denken, diese Menschen haben überlebt, sonst säßen sie nicht da!

ACHTUNG:

Auf keinen Fall sollte in der Beratung über die Tat gesprochen werden. Ein solches Vorgehen kann ein Gerichtsverfahren in den Sand setzen, weil die Täterseite behaupten kann, die Opfer seien beeinflusst worden.

Wichtig ist, Betroffenen Informationen und Unterstützung für ihre Situation in der Gegenwart zu geben. Wenn man nicht sicher ist, wie vorzugehen ist, ist ein Gespräch mit der einer psychosozialen Beratungsstelle/Polizei (anonymisiert) angeraten.

BeraterInnen, die Mädchen und Jungen im Alltag betreuen und TherapeutInnen, die mit den Verletzten arbeiten, kennen die Lebensumstände ihrer KlientInnen und haben i.d.R. Wissen vom Tatgeschehen. Sie alle kommen u.U. möglicherweise als ZeugInnen in Frage.